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BODEN – DER VERBORGENE KOSMOS UNTER UNSEREN FÜSSEN


Boden


Ein Gastbeitrag von Ina Sperl



Schon als Kind fühlte sich Ina Sperl im Garten am wohlsten. Nach dem Studium der Ethnologie und Kunstgeschichte wandte sie sich ihrer Leidenschaft für Pflanzen auch beruflich zu: Als Journalistin und Buchautorin widmet sie sich vor allem den grünen Themen. Seit 2021 arbeitet sie für die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft.


In ihrem eigenen Garten rückt der Boden immer mehr in den Fokus – immerhin ist er die Grundlage allen Lebens.



“Der Boden ist unsere wichtigste Ressource – im Garten können wir ihn gut schützen” 

Inzwischen ist er ins Blickfeld gerückt, glücklicherweise. Doch als ich mit der Recherche zu meinem Buch „Der Boden“ begann, hatte ich mich selber noch kaum mit dem Thema beschäftigt.


Trotz des fast täglichen Umgangs damit beim Gärtnern. „Boden“ war etwas, dessen Wichtigkeit mir zwar bewusst war, aber eher theoretisch. Praktisch darum gekümmert habe ich mich kaum. Es war doch so viel verlockender, Beete zu planen und Stauden zu pflanzen.


Wenn das Gemüse nicht so wuchs, wie ich es erwartet hatte, grub ich um oder verteilte ein bisschen Kompost auf dem Beet in der Hoffnung, dass das schon wird. Wenn ich beim Graben halbierte Regenwürmer am Spaten fand, tat mir das schon immer in der Seele weh. Aber ich dachte, das müsse beim Gärtnern in Kauf genommen werden.


Doch dann öffnete sich mir der Blick für diesen Kosmos, der sich unter unseren Füßen verbirgt. Und für die Bedeutung der dünnen Humusschicht, von der unser gesamtes Dasein abhängt. Boden ist so wertvoll, stellte ich fest. Und er wird immer wertvoller, da er eine schwindende Ressource ist. Diejenigen, die ihn so wertvoll machen, haben so gut wie keine Lobby. Denn sie sind winzig klein und mit bloßem Auge kaum zu erkennen.



Die unsichtbaren Stars


Dabei sind längst keine Unbekannten mehr. Schon vor rund hundert Jahren untersuchte der Botaniker und Mikrobiologe Raoul Heinrich Francé das Leben im Boden. Er prägte den Begriff Edaphon. Fasziniert war er von dem, was er unter dem Mikroskop sah, und er erkannte: Diese Winzlinge sind es, die den Boden durchmischen, Sauerstoff hineinbringen und die Nährstoffe bereitstellen.


Zu diesen Winzlingen gehören Amöben und andere Einzeller, Fadenwürmer und Springschwänze, Asseln und Bodenspinnen. Aber auch Bakterien, Algen und Pilze. Ihr Kosmos bleibt uns weitgehend verborgen, denn wenn wir versuchen, hineinzuschauen, zerstören wir ihn. Ein Spatenstich stellt alles auf den Kopf. Das Loch wimmelt vor Ameisen und Milben, Würmer kringeln sich. Unsichtbare Pilzfäden sind zerrissen, blasse Springschwänze dem Licht ausgesetzt.


Ihre Zahl lässt sich nur schätzen. Milliarden von nützlichen Bakterien und Einzellern, Millionen von Algen, Pilzen und Fadenwürmern tummeln sich auf einer Schaufel oder auch nur auf einem Teelöffel voller Humus. Auf einem Hektar Ackerland bringen die Bodenbewohner insgesamt 15 Tonnen Lebendgewicht auf die Waage – so viel wie 20 Kühe.



Durch Gartenabfälle, wie Gemüse- und Obstreste entstehen nährstoffreiche Böden
Durch Gartenabfälle, wie Gemüse- und Obstreste entstehen nährstoffreiche Böden

Regenwürmer sorgen für einen durchlüfteten, gut strukturierten Boden
Regenwürmer sorgen für einen durchlüfteten, gut strukturierten Boden

Die Grundlage allen Wachstums


Doch so winzig sie sind: Ohne sie gäbe es keine fruchtbare Erde, kein pflanzliches, kein tierisches und kein menschliches Leben. Denn sie bereiten die Nährstoffe im Boden so auf, so dass Pflanzen wachsen und Tiere und Menschen sich ernähren können. Kaum mehr als ein Tausendstel der Bodenmasse machen sie aus. Und dennoch sind sie die Verantwortlichen im Hintergrund, die heimlichen Stars dieses Universums, das sich unter der Erdoberfläche verbirgt. Amöben, Schleimpilze, Milben sind emsige Arbeiter, sie bilden die Grundlage für das Wachstum von Pflanzen.


Gemeinsam stemmen diese winzigen Wesen eine Herkulesaufgabe: Sie zersetzen organisches Material, damit dessen Bestandteile wieder dem Nährstoffkreislauf zukommen. Über ein Herbstblatt machen sich zum Beispiel zuerst Hornmilben und Springschwänze her, dann Schnecken und Asseln. Regenwürmer ziehen sich Teile in den Boden. Gleichzeitig sind die Kleinstlebewesen aktiv und verwerten die feinen Reste. So werden die mineralischen Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar gemacht.



Boden umgraben


Boden braucht Schutz


Jeder Organismus, der in der Erde lebt, trägt dazu bei, den Boden in seinem Zustand zu erhalten. Wie lebendig er ist, hängt von Standort und Feuchtigkeit, aber auch Bearbeitung und Schadstoffbelastung ab.


Im Sommer ist die oberste Erdschicht in leeren Bereichen meines Gemüsebeets knochentrocken und unbelebt. Unterhalb des Mangolds oder auch unter dem Laub der Stauden dagegen ist die Erde feucht und riecht angenehm. Hier sind Asseln zu finden und Springschwänze.


Damit offenbart sich auch schon die wichtigste Erkenntnis meiner Recherche: Boden braucht Schutz. Durch eine Mulchschicht – aus Grünabfällen, Rasenschnitt, Kies – oder am besten durch eine dichte Pflanzendecke. Selbst Rasen ist besser als offener Boden. Denn pflanzlicher Bewuchs schützt vor Erosion, bietet Schatten und hält die Feuchtigkeit in der Erde. Damit bleibt das Bodenleben aktiv.


Im eigenen Garten lässt sich das leicht umsetzen. Auch wenn Privatgärten nur rund 14.000 Quadratkilometer der Fläche Deutschlands ausmachen, lohnt es doch, gegenzusteuern gegen den weltweiten Trend. Denn fruchtbare Böden sind stark gefährdet, degradieren, erodieren und werden bebaut. Im gestörten Boden fehlt das Leben, die Umsetzungsprozesse finden nicht mehr statt, der Anbau wird schwierig und der Ertrag sinkt.



Bodenerosion durch fehlende Pflanzendecke, wertvoller Oberboden geht verloren
Bodenerosion durch fehlende Pflanzendecke, wertvoller Oberboden geht verloren



Bodenschutz durch organische Materialien, wie Grasmulch
Bodenschutz durch organische Materialien, wie Grasmulch

Drastische Verluste


Weltweit ist bereits etwa ein Fünftel aller fruchtbaren Böden degradiert, also in der Leistung eingeschränkt. Ein Prozess, der weiter fortschreitet durch Erosion, die häufig mit der industriellen Landwirtschaft einhergeht. Derzeit stehen noch jedem Menschen im Schnitt rund 2000 Quadratmeter Ackerland pro Kopf zur Verfügung.


Im Jahr 2050, wenn prognostizierte 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben, werden es nur noch 1500 Quadratmeter sein – ein drastischer Verlust angesichts der Tatsache, dass die Flächen heute bereits knapp sind. Und immer knapper werden. Mit 2000 Quadratmetern ließe sich auskommen, allerdings unter der Bedingung, dass auf Fleisch und den Anbau erneuerbarer Rohstoffe für die Energiegewinnung verzichtet wird.


Täglich werden Ackerflächen in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt, in Deutschland derzeit mehr als 50 Hektar pro Tag. Etwa die Hälfte davon wird bebaut oder versiegelt, so dass kein Wasser mehr eindringen kann – rund drei Quadratmeter pro Sekunde. Wo kein Wasser eindringen kann, stirbt das Bodenleben ab, mehr oder weniger unwiederbringlich.


Pro Einwohner Deutschlands sind das zwei Quadratmeter jährlich, die verloren gehen – eine Fläche, auf der man zum Beispiel zehn Kilo Kartoffeln ernten könnte.

Umso wichtiger, den Boden im eigenen Garten besser zu behandeln. Nicht unter überdimensionierten Terrassen oder gepflasterten Zufahrten zu ersticken, sondern ihn als das zu schätzen, was er ist: Eine wertvolle Ressource, die voller Leben steckt und einen ganz eigenen Kosmos bildet.



Stadt
Kein Baum, kein Strauch, kein Boden und schon gar kein Bodenlebewesen


Zum Schluss - Tipps für einen lebendigen Boden:


  • möglichst wenig Fläche versiegeln oder befestigen

  • geschlossene Pflanzdecken etablieren

  • offenen Boden mulchen, zum Beispiel Herbstlaub ins Beet harken

  • bei Gemüsebeeten mit Gründüngung arbeiten, damit der Boden nicht offen bleibt

  • auf Umgraben verzichten – falls nötig, die Erde behutsam lockern

  • mit einem Kompost einen eigenen Nährstoffkreislauf schaffen

  • auf Herbizide und Pestizide verzichten – ihre Auswirkung auf das Bodenleben ist kaum erforscht



Ihre Ina Sperl



Gesunde Böden sind für erfolgreiches Wachstum im Gemüsegarten aber auch in unseren Staudenbeeten unverzichtbar. In unseren Onlinekursen ist der Zustand des Bodens, das meistdiskutierteste Thema unter den Kursteilnehmern. Gesunde Böden mit den passenden Stauden, Gräsern, Rosen oder Gehölzen bepflanzt, ist der Garant für eine gelungenes Beet. Mit einer richtigen Standortanalyse der Standortverhältnisse fängt der Kurs an.


Wenn du deinen Garten neu bepflanzen möchtest und vielleicht denkst; mein Garten soll im nächsten Jahr klimafit werden, dann interessieren dich vielleicht unsere Angebote zu unseren Onlinekursen Sonnenflut” oder “Rosenallianz.


Wenn du dich für das lebendige Universum unter deinen Füßen interessierst und wissen möchtest:

  • Was lebt in einem Teelöffel Boden?

  • Was ist Boden überhaupt?

  • Warum sollte man ihn nicht als selbstverständlich hinnehmen?

  • Was geschieht bei Erosion und Versiegelung?

  • Warum sind die Kleinstlebewesen so wichtig?

  • Wer sind sie überhaupt, was lebt alles im Boden?

  • Welches Lebewesen hat welche Aufgaben?

  • Was kann man im Garten tun, um das Bodenleben in Schwung zu bringen?

  • Warum kann Umgraben kontraproduktiv sein?


… dann findest du in dem Buch von Ina Sperl spannende Antworten:




Der Boden: Er bildet die Grundlage für das ganze Leben auf der Erde – von der freien Natur, über die bewirtschafteten Felder bis hin zum eigenen Garten.

Dieser erzählende Ratgeber nimmt den Leser mit auf die Reise in die Welt unter unseren Füßen und erklärt anschaulich das Zusammenspiel zwischen Bodenlebewesen, Düngung, Bodenbearbeitung sowie gesunden Pflanzen. Es ist spannend zu sehen, welche Einflüsse die industrielle Landwirtschaft auf die Böden der Äcker und der Natur hat. Und ganz nebenbei gibt es praktische Tipps, wie man das Bodenleben im eigenen Garten fördern kann und in der Folge mit prächtigen Pflanzen belohnt wird.



Bleib wie immer natürlich

Deine Petra und Leonie


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