In unserem Gespräch mit der Chefredaktion des Gartenkultur-Magazins blätterrauschen haben wir uns mit Anja Birne, Antje Peters-Reimann und Angelika Traub über die Arbeit hinter den Kulissen ausgetauscht.
Als eingespieltes Team entwickeln sie mit viel Fachwissen und Kreativität die Themenschwerpunkte des Magazins und wählen spannende AutorInnen und Interviewpartner*innen aus. Dabei haben sie immer im Blick, die Artikel inhaltlich fundiert und visuell ansprechend zu gestalten. Besonders neugierig sind wir auf das Thema der kommenden Ausgabe...aber lest selbst!
Fotos oben (v.l.n.r.): Anja Birne, Antje Peters-Reimann und Angelika Traub
Petra: In der Laudatio des Deutschen Gartenbuchpreises steht:
„Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich: Eine wenig bekannte deutschsprachige Gartenzeitschrift, die sich mit Themenheften eigenen Bereichen der Gartenkultur vertiefend widmet, dazu noch tiefgründig recherchiert, hochwertig präsentiert und herausragend illustriert…“
- Ich musste echt etwas schmunzeln, als ich das las. So beginnt ja die Begründung der Jury des Deutschen Gartenbuchpreises im März 2024 auf Schloss Dennenlohe, wo Euch, also Eurer Zeitschrift blätterrauschen einer der Stihl-Sonderpreise überreicht wurde.
Ich habe es gekannt, aber für mich war es immer irgendwie ein „Geheimtipp“.
Angelika:
Das ändert sich gerade! blätterrauschen gibt es seit über 30 Jahren als Mitgliedermagazin der Gartengesellschaft (genauer: „Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V.). Zwar hatten wir immer schon auch einige externe AbonnentInnen, aber es wurde dafür nie groß Werbung gemacht. Dabei waren die Initiatorinnen und späteren Redaktionen immer schon allesamt vom Fach und gut vernetzt. So gelang es, namhafte Autor*innen und Fotograf*innen zu gewinnen. Es war (und ist) ein idealistisches Projekt, das seine Unabhängigkeit genutzt hat.
Leonie:
Aber warum blieb es so versteckt?
Anja:
Versteckt ist vielleicht ein bisschen zu viel gesagt, denn alle Mitglieder bekommen das Magazin, es ist Bestandteil der Mitgliedschaft - und seit etlichen Jahren auch die Gesellschaften zur Erhaltung historischer Gärten Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die es für ihre Mitglieder abonnieren. Aber die früheren Redaktionen hatten kein Interesse an einer „Vermarktung“, auch weil die Gartengesellschaft gemeinnützig ist. Da gab es eine gewisse Distanz zu allem, was nach „verkaufen“ aussehen könnte.
Angelika:
Genau, das Ideelle stand im Vordergrund. Das ist auch immer noch so. Aber der (einzige) Lohn der Autor*innen und unseres Teams ist schließlich die Resonanz. Als ein Wechsel in der Produktion anstand, hat sich ein neues Redaktionsteam zusammengetan und die Sache selbst in die Hand genommen und alles auf eine Karte gesetzt, denn es war nicht ohne Risiko, ob wir das wirklich schaffen.
Antje:
Ja, das war schon mutig. Ein Magazin zu verantworten, bedeutet auch, die Redaktion, das Projektmanagement und die Herstellung in allen Gewerken zu leisten, und zwar professionell. Wir konnten das angehen, weil wir im kleinen Kreis unsere Kompetenzen gebündelt haben. Angelika war bereit, auch die Rolle des „Chef von Dienst“ zu übernehmen und hat alle Prozesse im Überblick.
Fotos oben: Einblick in die Magazine Küchengärten (links) & Botanische Kunst (rechts)
Petra:
Der Erfolg gibt Euch recht: Das Magazin sieht sehr hochwertig und prachtvoll aus. Man würde nicht vermuten, dass es rein ehrenamtlich zu Stande kommt. Aber lasst uns mal über die Inhalte reden. Wenn man am Bahnhofskiosk steht, findet man blätterrauschen nicht. Aber mindestens ein Dutzend Zeitschriften, die Gartenfreunde erreichen wollen - oder besser gesagt müssen, wenn sie nicht pleite gehen wollen. Das ist ja eigentlich ohnehin schon ein riesiges Angebot. Was macht den Unterschied?
Angelika:
Ein wesentlicher Unterschied ist tatsächlich, dass wir nicht am Kiosk bestehen müssen. Wir sind unabhängig und können es uns leisten, Themen zu bearbeiten, die eher gartenkulturell ambitionierte und differenzierter interessierte Leser ansprechen.
Anja:
Das soll nicht abgehoben klingen. Aber das ist doch im Buchmarkt oder der Bildenden Kunst auch nicht anders. Das Verständnis für die kulturellen Entwicklungen wächst mit dem Wissen. Wir gönnen uns etwas eingehendere Texte, vielleicht auch mal einen längeren Satz, denn auch eine gute Sprache ist uns wichtig.
Antje:
Oder ein Blick in die Geschichte, denn gartenhistorische Themen machen den kulturellen Wert der Denkmäler lebendig und zeigen, welch großes Engagement deren Erhalt bedeutet. Das mag auf manchen rückgewandt wirken, hat aber viel mit den Fundamenten der Gartenkultur zu tun.
Anja:
… und damit eben auch mit der Zukunft. Wir spüren gern mal historischen, noch heute spannenden Themen und Persönlichkeiten nach, denn daraus ergeben sich viele Impulse für aktuelle Felder der Gartenkultur und Gestaltung. Historische Recherche hat viel mit Entdeckerfreude zu tun.
Foto oben: Magazin Botanische Kunst
Leonie:
Wie kommt ihr denn auf die Themen? Jedes Heft hat ja einen Themenschwerpunkt, zuletzt zum Beispiel Botanische Kunst, Historische Gärten und jetzt aktuell im Herbst wird es um „Frauen“ gehen.
Angelika:
Unsere Stärke liegt in der langjährigen Erfahrung. Anja hat viele Jahre als Autorin, Referentin und Reiseleiterin Insiderwissen gesammelt, dabei auch vieles, das noch nicht publiziert werden konnte. Und sie ist bestens vernetzt in der Gartenszene. Das ist ein belastbares Netzwerk. Es reicht ja nicht, wenn Ideen sprudeln. Wir brauchen motivierte Autor*innen und Fotograf*innen, manchmal auch die Expertise aus Hochschulen und Fachgesellschaften.
Anja:
Am aufregendsten ist es für mich zu erspüren, was sich gerade frisch entwickelt, was neue Bedeutung bekommt. Das sind die kulturellen Strömungen, hinter denen oft einzelne Personen stehen und für viele Jahre prägende Impulse setzen. Es geht uns also nicht um modische Trends, die Verkaufsimpulse setzen, wie Accessoires und oft ja leider auch fragwürdige Neuzüchtungen.
Um wirkliche Innovationen mitzubekommen, muss man ständig im Themenfeld unterwegs sein. Wir beziehen uns also mit kritischer Begeisterung auf hochaktuelle Felder der Gartenkultur und Gestaltung.
Antje:
Eine andere Perspektive ist der Blick auf interessante Persönlichkeiten, die historische Entwicklungen auch emotional nachvollziehbar machen. In der aktuellen Ausgabe sind das starke, wie wir finden bisher viel zu wenig bekannte Frauenpersönlichkeiten, wie Elvira Castner, Amalie Dietrich oder Beate Hahn, in denen sich der emanzipatorische Prozess der jeweiligen Epoche abbildet, manchmal sogar dramatisch spiegelt.
Angelika:
Amalie Dietrich hat sich aus einfachsten Verhältnissen durch unstillbaren Wissenshunger befreit und ist zu großer Anerkennung als Botanikerin und Pflanzenjägerin gekommen, wenn auch wieder weitgehend in Vergessenheit geraten. Jeder kennt Maria Sibylla Merian, aber wohl kaum Amalie Dietrich. Liebe Petra, liebe Leonie, ihr merkt, ich mache gern Lust auf das neue blätterrauschen.
Petra:
Ja, ich spüre, ihr arbeitet mit Begeisterung. Und für mich als Gartengestalterin wird gerade deutlich, wie interessant so eine Erweiterung der Perspektiven sein kann.
Neben den Schwerpunktthemen gibt es in blätterrauschen auch ständige Rubriken. Was bietet ihr da an?
Antje:
Das sind z.B. in der Rubrik „Gartenbibliothek“ ausgewählte Literaturtipps, die meist, aber nicht immer, das Schwerpunktthema ergänzen.
Anja:
Und in „Bett und Beet für Gartenfreunde“ stellen wir besonders originelle Unterkünfte vor, die immer von attraktiven Gärten umgeben sind. Zuletzt war es ein zu einem höchst originellen Hotel umgebauter ehemaliger Wasserturm in den Niederlanden, oder ein geschichtsträchtiges historisches ehemaliges Forsthaus im Westfälischen, wo man eine Auszeit verbringen kann.
Foto oben: blätterrauschen, Ausgabe Historische Gärten
Angelika:
Bereichernd ist es auch, dass zwei befreundete Organisationen regelmäßige eigene Rubriken beisteuern. Durch die Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gärten Niedersachsen ist dauerhaft das Thema Garten-Denkmalschutz vertreten, und die Stiftung Gartenkultur in Illertissen (Stifter und Erster Vorsitzender ist Dieter Gaißmayer) berichtet aus ihrem lebendigen Engagement, zuletzt z.B. über das experimentelle Projekt eines „Klimaturms“ mit besonders hitzeresistenten, meist noch unbekannten sehr hoch rankenden Gewächsen, die für den städtischen Raum erprobt werden.
Wir wollen den Blick öffnen und das blätterrauschen zu einer Plattform für Gartenkultur weiterentwickeln. Nicht jeder Verein kann sich ein eigenes Magazin leisten, aber vielleicht interessante Facetten beitragen. Wir sind da offen für weitere Kooperationen, obwohl uns die 72 Magazin-Seiten bereits sehr fordern.
Leonie:
Naja und ihr werdet doch sicher auch versuchen, Euren Leserkreis noch zu erweitern?
Anja:
Ja, klar. Du glaubst gar nicht, wie einen das motiviert, wenn nahezu täglich Bestellungen im Webshop eingehen, oft sind es gleich Abos und auch zusätzlich viele Bestellungen vergangener Hefte. Die sind ja weiter interessant, denn die meisten Beiträge haben zeitlosen Wert.
Neue Leser gewinnen wir durch Empfehlung, denn als gemeinnütziger Verein können und wollen wir nicht in klassische Werbung investieren. „Bitte gern weitersagen“ ist also unser Appell. Wer sich schnell orientieren will und gern auf dem Pad liest: blätterrauschen gibt es auch als Flip-Book (sogar zum halben Preis des geduckten Heftes für 4 EUR).
Petra:
Ja, da schließen wir uns diesem „push“ gern an und wünschen Euch weiter „volle Kraft voraus“! Jetzt bin ich erstmal gespannt auf Eure Herbstausgabe zu den „Frauen“ in der in der Gartenkultur.
Die Herbstausgabe mit dem Schwerpunktthema „Frauen“ ist ab sofort bestellbar:
Vielen Dank liebe Angelika, Anja und Antje für eure Zeit und das Gespräch mit uns! Wir hoffen, wir konnten euch, lieben Leser*innen, dieses wunderbare Gartenmagazin etwas näher bringen.
Hier findet ihr das blätterrauschen: www.gartenkultur-magazin.de
Bleibt wie immer natürlich
Eure Petra und Leonie
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