Manche Menschen sind mutig. Gesellt sich noch Fleiß und eine Visionen dazu, entsteht etwas ganz Besonderes. So war es bei Fine Molz und Till Hofmann. Ihre zu klein gewordene Gärtnerei in Affolterbach im Odenwald gaben sie vor kurzer Zeit auf, um hier in Rödelsee am Fuße des Schwanbergs neu zu beginnen. Wir waren mit dem Verein Perenne e.V. in Rödelsee zu Gast. Die Beiden hatten ein paar spannende Tage für uns organisiert. Kurz vor der Heimreise, konnte ich dann doch noch ein paar Fragen loswerden.
Wie kommt man ausgerechnet nach Rödelsee?
Fine: Wir waren länger auf der Suche nach einem Platz. Dann war es reiner Zufall. Die Ecke hier geht in Richtung Heimat. Wir waren auf einem Fest, haben guten Wein getrunken und der Pfarrer von diesem Ort meinte; kommt doch zu uns, hier ist es schön. Einige Jahre später, als wir das unser altes Haus im Odenwald nicht erwerben konnten, haben wir diesen Platz hier angeboten bekommen.
Till: Ich habe das Grundstück mit der Lage gesehen und dachte; wenn wir das nicht hier machen, dann brauchen wir es auch nicht woanders tun. Dennoch, kurz vorher kamen nochmal Zweifel. Wollen wir wirklich hier in die Wüste ziehen? In ein sehr niederschlagsarmes Gebiet mit Wind und offener Lage. Die Frage war auch; ist genug Wasser da? Aber unterm Strich haben wir uns dafür entscheiden können und es nicht bereut.
Wenn man sich hier umsieht, kann man sich nicht vorstellen, dass es noch gar nicht lange her ist. Wie war euer Anfang?
Fine: Natürlich war es viel Arbeit. Sara war ein Jahr beim Umziehen und es war nicht leicht. Aber gut, dass man vorher nie weiß, was konkret auf einen zukommt. Es war gerade ein sehr heißes Jahr. Wir hatten hier nur die Scheune mit einem Dach als Schattenspender. Hitze mit 36 Grad, mein eineinhalb jähriges Kind und ich musste gießen. Das waren Zeiten, an die ich nicht gern zurückdenke. Auch frustrierend ist, wenn die Erdflächen gerade begradigt waren, kam wieder der Bagger, um ein neues Zuleitungsrohr zu legen. Aber es ging vorwärts.
Till: Man berauscht sich ja an den kleinen täglichen Erfolgen. Wir brauchten ein Haus mit einer Erschließung. Wir brauchten eine Infrastruktur für die Gärtnerei, ein Wegsysteme, eine Bewässerung, eine Zisterne oder auch Nebengebäude. Das war doch klar… wir konnten nicht sagen; wir schieben das auf die lange Bank.
Die ganzen Pflanzen sind ja auch umgezogen?
Till: Ja, wir haben vorher in der alten Gärtnerei im Odenwald noch so viel getopft wie es ging. Wir brauchten ja was zum Verkaufen. Der Betrieb musste weitergehen.
Mit wie vielen Pflanzen seid ihr da umgezogen?
Till: Das waren so knapp 100.000 Pflanzen, etwa 90 Paletten. Die Gärtnerei sollte zum Umzug fertig sein, zumindest die Stellflächen. War aber nicht. Wir haben viel zu spät angefangen. So haben wir einen Teil der Pflanzen in der Spedition untergebracht, den Rest provisorisch auf die Fläche gestellt.
Habt ihr Beiden das alles allein geschafft oder gab es Hilfe?
Till: Wir hatten ein ganz tolles Team. Zwei Gärtnerinnen, die mit umgezogen sind, haben sich wahnsinnig ins Zeug gelegt. Aber auch unsere Familie. Auf einmal kamen Freunde, Bekannte, die tageweise mitgearbeitet haben. Das war schon toll.
Fine: Wie sich hier alles entwickelt hat, entspricht unserer Art zusammenzuarbeiten. Wir haben einen Minutenboden. Das heißt, man muss den richtigen Moment abpassen, um ihn zu bearbeiten. Dann müssen alle da sein. Man hat zwar etwas anderes geplant, muss aber schnell reagieren.
Ihr habt hier in Sand gepflanzt. Wie seid ihr hier auf die Idee gekommen?
Till: Nein, das ist schon ein alter Trick. Den kenne ich schon ganz lange, übrigens vom Andreas Augustin (Gärtnerei Augustin). Als ich dort anfing in den 80iger Jahren, haben sie für das Mutterpflanzenquartier einfach Sand kommen lassen und wir haben darin gepflanzt.
Wie stark ist die Sandschicht?
Till: So 20cm plus... Die Wurzeln entwickeln sich dann durch den Sand in den Boden. Daher vertragen die Pflanzen einerseits mehr Trockenheit und sind gleichzeitig geschützt gegen Staunässe. Wir haben damals viel im Staudensichtungsgarten Hermannshof probiert, auch mit verschieden Schichtdicken und verschiedenen Sanden. Es hat immer funktioniert.
Wie kommt ihr zu euren Sortimenten? Die unterscheiden sich schon sehr von anderen.
Fine: Die Sortimente haben sich über die Jahre so entwickelt. Wir sind gern gereist und immer neugierig. Wir sehen dabei nicht nur die Pflanzen, sondern auch wo sie wachsen.
Till: Dann ist man natürlich ein Pflanzen-Mensch und freut sich, wenn man was Neues sieht. Und interessante Pflanzen nimmt man mit. Ich beobachte gern. Mich interessiert; wo besteht die Qualität von schönen angenehm empfunden Naturbildern. Dann habe ich natürlich viele Jahr im Sichtungsgarten Hermannshof gearbeitet. Dort bin ich mit vielen Pflanzen in Berührung gekommen, die ich sonst erst später kennengelernt hätte. Wichtig finde ich den Austausch, wie jetzt mit den Kollegen vom Verein Perenne e.V. . Hier steckt ja geballtes Pflanzenwissen. Für mich ein wichtiger Grund dabei zu sein.
Wie seht ihr die Pflanzenverwendung in Zukunft?
Till: Trockenheitsverträgliche Pflanzen sind ein Trend und alle Pflanzen, die möglichst von alleine wachsen. Die nicht dauern bemuttert werden müssen. Sie sind für Kunden besonders interessant. Wir stellen fest, die Leute sind zunehmend nicht mehr bereit, sich traditionell um ihre Pflanzen zu kümmern. Also Gärten zu pflegen im alten Sinn. Heute möchte man was Schönes haben und sich möglichst wenig drum kümmern.
Ich stehe ja manchmal schon staunend vor euren Pflanzen und habe das Gefühl, ich kenne hier nichts. Wie transportiert ihr die Informationen über Neuheiten?
Fine: Ja, vieles ist gerade neu. Wir haben an diesem Standort natürlich Möglichkeiten viele Sachen auszuprobieren. Als Gärtner möchten wir sehen, wie es ausgepflanzt wächst. Sonst sieht man die Pflanze ja immer nur im Topf. Unsere Pflanzflächen sind für uns ein Experimentierfeld. Wir müssen die Pflanzen ja selbst verstehen und das dauert. So können wir unsere Erfahrungen an unsere Kunden weitergeben.
Till: Neben der Produktion sind wir auch pflanzplanerisch seit vielen Jahren unterwegs. Dann stellen wir überraschend fest, es gibt sogar immer noch Lücken im Sortiment.
Fine: Niedrige, trockenheitsverträgliche Gräser zum Beispiel… Es gibt es ein paar aber es sind immer die Gleichen. Warum gibt es da nicht noch mehr. Dann versuchen wir Sachen auszusäen, um zu probieren was funktioniert. Für uns sind die Pflanzen in der Produktion das eine, jedoch die Verwendung der Pflanzen ist für uns genauso wichtig. Die Pflanzen sind für uns eine Art "Malkasten", mit denen wir schöne Beete gestalten. Dieses Schöpferische liegt uns am Herzen.
Till: es ist natürlich ein Risiko, wenn man Pflanzen hat, die keiner kennt. Dann hat man erstmal keine Kunden dafür. Aber dann denken wir; probieren wir es halt selber mal aus, dann lernen wir die neuen Pflanzen kennen.
Wie seid ihr als Gärtnerei positioniert?
Da gibt es ja auch Gärtnereien, die ihre Betriebe sehr wirtschaftlich führen und andere sind eher idealistisch unterwegs und gar manche möchten ihre Pflanzen am liebsten behalten.
Fine: Jeder führt seine Gärtnerei mit seinen eigenen Idealen. Das ist vollkommen in Ordnung. Uns liegt die Verwendung am Herzen. Für mich ist nicht vorrangig, möglichst viele Töpfchen zu verkaufen. Das Wichtige ist, dass die Pflanze an einem Ort landet, wo sie funktioniert und schön kombiniert ist. Pflanzenverwendung ist ein tiefgründiges Thema. Es erfordert viel Wissen. Das kann man von einem ganz normalen Gärtner nicht abverlangen. Das sind wirklich zwei verschiedene Berufe. Wenn ein Gärtner seine Pflanzen gut kennt und etwas über das Wachstum sagen kann, ist das schon Klasse.
Welche Rolle spielt das Internet für euch?
Till: Uns hat es schon sehr gute Dienste getan. Uns hat es geholfen, um unbekanntere Wildpflanzen zu verkaufen. Gäbe es diese Möglichkeit nicht, dann wäre unsere Arbeit hier so nicht möglich. Es hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Leute die seltenen Sachen kaufen. Sie informieren sich vorher hier intensiv. Und wenn sie einmal etwas gekauft und ausprobiert haben, kaufen sie wieder. Zeit haben wir wenig für das Internet. Den Shop betreuen wir inhaltlich zwar selbst aber das Technische geben wir ab.
Ihr beide haltet ja auch Vorträge was ist euer Thema?
Till: Wir möchten dass die Pflege funktioniert. Der Erfolg einer Pflanzung ist 40 Prozent gute Planung und 60 Prozent gute Pflege. Durch meine Arbeit im Hermannshof habe ich viel gelernt, da wir uns sehr damit beschäftigt haben. Gern teile ich meine Erfahrungen. Ich möchte, dass unsere Pflanzen auch woanders gut wachsen. Aber durch den Trick mit dem Sand ist es beispielsweise schon pflegereduzierter. Der Sand ist auch gleichzeitig Mulch und somit hat man weniger Aufwand. Übrigens; Ich unterscheide immer die Begriffe Pflegeleicht und Pflegereduziert… Pflegeleicht ist eine Hecke oder Rasen (weil es jeder kann) und pflegereduziert wenn man tatsächlich weniger Arbeit hat. Das muss man unterscheiden und das sage ich bei meinen Vorträgen.
Habt ihr Pflanzen, die ihr den Kunden unbedingt ans Herz legen möchtet?
Fine: ich liebe das hohe Mädchenauge Coreopsis Hybr. Full Moon. Finde ich einfach klasse, auch wenn sie Gelb ist, ist aber ein schönes zitroniges Gelb.
Till: mir liegen immer die Pflanzen am Herzen, die im Topf eher nichts hermachen aber langfristig einen Nutzen bringen. Das sind Pflanzen wie die Indigolupine Baptisia, oder Bastardingio Amorpha fruticosa... Auf die fährt kein Kunde von sich aus ab, aber sie bringen den Kunden am Ende sehr viel. Das sind dann keine Impulskäufe. Man muss schon genau wissen, was man kauft. Viele gute Gräser, die Seidenpflanzen Asclepias, den Röhrenstern Amsonia, kauft keiner von allein. Die müssen wir schon ein bisschen anbieten. Dabei sind das oft die wertvollsten Sachen. Da sind Gartenschauen wertvoll, damit Leute wie Du sich da mal ran wagen und dadurch eine Nachfrage entsteht. Die Kollegen jammern schon, wie schnell sich die Sortimente verändert haben. Es ist schon schwierig da nachzukommen. Ich sehe es eher so; das ist der Spaß dabei. Früher waren es eher die Prachtstauden, die beliebt waren. Die Wildstauden hat keiner gekauft. Wir haben viele Wildstauden produziert und waren erst skeptisch. Nun ist aber durch das Bienensterben ein ganz neues Bewusstsein entstanden.
Wie seht ihr eure Zukunft hier in der Gärtnerei?
Till: Wir hoffen auch in Zukunft gute Leute für unsere Gärtnerei zu beschäftigen. So können wir eine gute Beratung anbieten. Auch wünschen wir uns, dass wir die Pflanzenverwendung schaffen, die wir uns da vorgenommen haben. Wir backen ja viele kleine Brötchen und machen für Jedermann Gärten; den Vorgarten hier, das Beet dort. Wir bepflanzen die Gärten nur im Ausnahmefall und auch nur dann, wenn es nicht so weit weg ist.
Und Sara wird auch mal Gärtnerin?
Till: Bisher macht sie gute Anstalten. Aber wir erwarten nichts.
Sara: Lieber Eisverkäuferin oder Kindergartenerzieherin.
Fotos oben: Sabine Vögli
Vielleicht habt ihr ja auch mal Lust nach Rödelsee zu fahren. Aber Achtung! Nehmt ein großes Auto mit, vielleicht mit einigen Kisten. Die Verführung ist groß.
Hier der Kontakt:
Die Staudengärtnerei
Till Hofmann und Fine Molz GbR
Alte Iphöfer Str. 27
97348 Rödelsee
Telefon: 09323 8752230
Website: www.die-staudengaertnerei.de
Einige Fotos stammen von Sabine Vögli aus der Schweiz. Weitere tolle Naturfotos seht ihr hier www.kiebitz.li
... bleibt natürlich!
Viele Grüße
Petra
Es klingt, als ob der Anfang wirklich herausfordernd war. Die Arbeit und die Schwierigkeiten, mit denen ihr konfrontiert wurdet, sind verständlich. Besonders in solchen stressigen Zeiten ist es wichtig, sich Unterstützung zu suchen, nicht nur für die praktischen Aufgaben, sondern auch für die Entwicklung des Kindes. Falls es Schwierigkeiten in der sprachlichen Entwicklung gibt, wie bei Alalie, kann logopedkab.com eine wertvolle Ressource bieten, um Hilfe zu finden. Es ist gut, zu wissen, dass es immer Möglichkeiten gibt, Unterstützung zu erhalten, auch in schwierigen Zeiten.